Gesetz zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen
31. Juli 2024

Der Bundestag hat am 04. Juli 2024 den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen“ (Drs. 20/9890) in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung (Drs. 20/12146) beschlossen. Das Gesetz muss noch den Bundesrat passieren. Die nächste Bundesratssitzung findet am 27.09.2024 statt. Das Gesetz soll am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten. Hierüber werden wir gesondert informieren.
Der nun beschlossene Gesetzentwurf sieht im Wesentlichen Folgendes vor:
- Im Wohnungseigentümergesetz wird eine Beschlusskompetenz für virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen geschaffen.
- Im Wohnungseigentumsrecht und im Mietrecht wird die Stromerzeugung durch Steckersolargeräte in den Katalog der sogenannten privilegierten Maßnahmen aufgenommen.
- Die Ausnahme von der Unübertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten in § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB wird für juristische Personen und für rechtsfähige Personengesellschaften auf Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien erweitert.
1. Beschlusskompetenz für virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen
In § 23 Abs. 1a WEG wird folgender Passus eingefügt: “Die Wohnungseigentümer können mit mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen beschließen, dass die Versammlung innerhalb eines Zeitraums von längstens drei Jahren ab Beschlussfassung ohne physische Präsenz der Wohnungseigentümer und des Verwalters an einem Versammlungsort stattfinden oder stattfinden kann (virtuelle Wohnungseigentümerversammlung). Die virtuelle Wohnungseigentümerversammlung muss hinsichtlich der Teilnahme und Rechteausübung mit einer Präsenzversammlung vergleichbar sein.”
Mit der Änderung wird eine Beschlusskompetenz der WohnungseigentümerInnen für reine Online-Versammlungen (virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen) geschaffen. Die nunmehr eingeführte Regelung über eine rein virtuelle Versammlung besteht neben der Möglichkeit, eine hybride Wohnungseigentümerversammlung gem. § 23 Abs. 1 WEG durchzuführen.
Insofern wird ein Wahlrecht geschaffen, ob entsprechende Wohnungseigentümerversammlungen in Präsenzform, hybrid oder rein virtuell durchgeführt werden.
Die Neuregelung ermöglicht eine Beschlussfassung dergestalt, dass innerhalb der nächsten maximal drei Jahre rein virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen durchgeführt werden. Möglich aber ist auch ein Beschluss, dass rein virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen für längstens drei Jahre durchgeführt werden können, aber nicht müssen. Die Durchführung der konkreten Wohnungseigentümerversammlung selbst, kann über Geschäftsordnungsbeschlüsse geregelt werden. Auch eine Entscheidung des Verwalters nach pflichtgemäßem Ermessen über die Art der Durchführung ist möglich.
2. Privilegierung von Steckersolargeräten
a) Im Mietrecht gemäß § 554 BGB
Der Katalog des § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB über bauliche Veränderungen, auf deren Erlaubnis die Mieterin oder der Mieter einen Anspruch gegen die Vermieterin oder den Vermieter hat, wird über die bereits bestehenden Tatbestände der Barrierereduzierung, der Installation einer Ladestation für elektrisch betriebene Fahrzeuge oder dem Einbruchsschutz auf bauliche Veränderungen hinaus um bauliche Veränderungen erweitert, die der Stromerzeugung durch Steckersolargeräte dienen.
Wie bereits im Jahr 2020 (bei der Neufassung des § 554 BGB für Ladestationen zum Aufladen elektrisch betriebener Fahrzeuge) beschränkt sich der Anspruch allein auf die Gestattung der baulichen Veränderung und auf das “Ob” der Maßnahme. Die Frage des “Wie”, d.h. wie die bauliche Veränderung im Einzelnen durchzuführen ist, wird nicht näher geregelt. Auch die Gesetzesbegründung konkretisiert diesen Aspekt nicht.
Gerade aber bei der Durchführung der Maßnahme sind viele Fragen zu klären, wie z. B:
– Ist der Leitungsquerschnitt in der Wohnung geeignet, die zusätzliche Last aufzunehmen oder muss die Elektroinstallation ertüchtigt werden?
– Ist der Balkon statisch geeignet?
– Wie wird die Verkehrssicherheit gewährleistet?
– Wer übernimmt welche Haftung?
Sofern über diese Fragen keine Einigkeit erzielt werden kann, ist die Durchsetzbarkeit des Anspruchs zumindest eingeschränkt. Im Kern zeigt sich damit eine ähnliche Problematik, wie bei der Einführung eines Anspruchs auf Erlaubnis zum Einbau von E-Ladestationen zum Aufladen elektrisch betriebener Fahrzeuge.
Darüber hinaus besteht ein Anspruch dann nicht, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann.
b) Im Wohnungseigentumsrecht gem. § 20 Abs. 2 WEG
In Anlehnung an die mietrechtliche Regelung wird in § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG ein individueller Anspruch jeder Wohnungseigentümerin und jedes Wohnungseigentümers auf Gestattung der Installation von Steckersolaranlagen eingeführt. Besteht dieser Anspruch auf Beschlussfassung, haben die Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer nur hinsichtlich der Durchführung der Maßnahme einen Entscheidungsspielraum.
Im Hinblick auf Fragen der Umsetzbarkeit der baulichen Veränderung wird auf die Ausführung zu § 554 BGB verwiesen. Die Neufassung in § 20 WEG betrifft lediglich Maßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum, welches nicht zu Sondereigentum erklärt wurde oder juristisch entsprechend eingeordnet wird.
Hinsichtlich der Balkone hat der BGH klargestellt, dass diese grundsätzlich sondereigentumsfähig sind. Der sondereigentumsfähige Teil erstreckt sich jedoch nur auf den Luftraum, den Innenanstrich und den Bodenbelag (vgl. BGH, Urteil vom 15.01.2010, V ZR 114/09). Auch wenn die Teilungserklärung den Balkon dem Sondereigentum zugeordnet, sind lediglich die vorstehend genannten Teile erfasst. Konstruktive und der Sicherheit dienende Bestandteile eines Balkons sind hingegen zwingend Gemeinschaftseigentum (vgl. BGH, Urteil vom 15.01.2010, V ZR 305/85).
Die Anwendbarkeit der Vorschrift ist daher eingeschränkt. Denkbar sind etwa Fälle, in denen auf einem Grundstück eine entsprechende Anlage aufgestellt werden soll, oder aber auf dem Dach eines Gebäudes installiert werden soll. Ob dies aber aufgrund der technischen Anforderungen (Leitung bis in die Wohnung), aufgrund der geringen Ladekapazität sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.
Für bauliche Maßnahmen in Bezug auf das Sondereigentum gilt § 13 Abs. 2 WEG: Für Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung (Erhaltung) des Sondereigentums hinausgehen, gilt § 20 WEG mit der Maßgabe entsprechend, dass es keiner Gestattung bedarf, soweit keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.
3. Ausnahme von der Unübertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten bei Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie
Der nunmehr beschlossene Entwurf sieht eine Erweiterung der Ausnahme von der Unübertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten bei Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie vor, und erleichtert den Wechsel des Anlagenbetreibers und damit die Übertrag der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit. Um aufwendige und komplizierte vertragliche Ausgestaltungen zu vermeiden, soll die Übertragbarkeit der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit auf Erneuerbare-Energien-Anlagen in § 1092 BGB ausgeweitet werden.
Sobald das Gesetz in Kraft tritt, werden wir Sie hierüber informieren.