Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz haben der Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V. (VSWG), der vdw Sachsen Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (vdw Sachsen), der Sächsische Städte- und Gemeindetag (SSG) und der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) am 28. September 2023 die Herausforderungen der Einführung einer kommunalen Wärmeplanung und neuer Heizungsstandards betont. Der bevorstehende Umbau der Wärme- und Stromversorgung sowie des Gebäudesektors ist eine Jahrhundertaufgabe. Die sächsischen Kommunen, Wohnungswirtschaft und Stadtwerke wollen bei der Umsetzung zwar Ermöglicher vor Ort sein, die Dekarbonisierung der Wärmenetze und des Gebäudesektors umsetzen, aber dazu bedarf es tiefgreifender Verbesserungen im zugrundeliegenden Gesetz, betonten die Vertreter der Spitzenverbände in Dresden.
Es braucht vor allem Zeit und Geld, damit die kommunale Wärmeplanung erfolgreich sein kann. Ohne Verbesserungen und Änderungen am Gesetz droht die beabsichtigte und überaus ambitionierte Energiewende im Gebäudesektor zu scheitern. Weiter wird Vertrauen verspielt und der soziale Frieden in den Städten und Gemeinden gefährdet. Trotz großer Herausforderungen sei die Energiewende machbar, aber niemand darf damit überfordert werden. Das Klimaschutzgesetz verpflichtet Deutschland, bis 2045 klimaneutral zu werden.
Dr. Florian Gräßler, Geschäftsführer, VKU Verband kommunaler Unternehmen e. V., Landesgruppe Sachsen:
„Ob Wärmepumpe, Fernwärme, Geothermie oder klimaneutrale Gase: Die kommunale Wärmeplanung muss so einfach und praktikabel wie möglich sein. Der Energiesektor steht vor Milliardeninvestitionen, laut Schätzungen sind rund 600 Milliarden Euro bis 2030 notwendig. Die Politik hat die Verpflichtung, durch kluge Regelungen die Branche in die Lage zu versetzen, die Finanzierung der Energiewende bewältigen zu können. Weder Bund, Länder noch Kommunen werden die Energiewende flächendeckend allein finanzieren können. Deshalb muss die Energiebranche auch für neue Kapitalgeber attraktiv sein.“
Mirjam Philipp, Vorstand des Verbandes Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V. (VSWG):
„Die tiefen wirtschaftlichen Einschnitte, die durch die Schwestergesetze Gebäudeenergiegesetz und Wärmeplanungsgesetz letztendlich verursacht werden, betreffen die Wohnungswirtschaft wie die Energiewirtschaft gleichermaßen. Bei der Wohnungswirtschaft kommt alles an. In unseren Wohnungen leben die Menschen, ihre Wohnungen werden beheizt und mit Warmwasser versorgt. Wir sind also die Endkunden bei der Umsetzung der Wärmeplanung und die Investitionsopfer bei der Umsetzung des Gebäudeenergiegesetzes. Das bedeutet, dass die Herkulesaufgabe nur dann gelingen kann, wenn alle Parteien an einem Tisch sitzen und schnell mit dem sächsischen Ausführungsgesetz zur Wärmeplanung begonnen wird. Zielstellung muss immer sein, dass wir unsere Mieter und Mitglieder vor zu hohen Belastungen sowohl bei der Kaltmiete, als auch bei den Betriebskosten schützen.“
Alexander Müller, Besonderer Vertreter und Sprecher, vdw Sachsen Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V.:
„Eine rein technische Betrachtung der kommunalen Wärmeplanung wäre fatal. Auch die Versorgung mit Fernwärme soll grün werden. Damit sind alle Heizungsarten unserer Wohnungen von den Auswirkungen der Wärmeplanung und auch des Gebäudeenergiegesetzes betroffen. Der soziale Aspekt, die Auswirkungen auf die Menschen in ihrem Zuhause, ist entscheidend. Die Bürger haben ein sehr gutes Gespür, was sinnvoll und verhältnismäßig ist. Sie werden nicht nachvollziehen können, warum die Kosten extrem variieren, nur weil etwa auf der anderen Straßenseite eine andere Wärmeversorgung besteht. So etwas wird schnell als Willkür verstanden und führt zu gesellschaftlichen Spannungen.“
Ralf Leimkühler, Stellvertretender Geschäftsführer, SSG Sächsischer Städte- und Gemeindetag:
„Die Verzahnung von Wärmeplanung und Vorgaben für die Gebäude ist richtig, aber die Umsetzungsfristen müssen machbar und klug gesetzt sein. Wenn bis zu 10.800 Städte und Gemeinden in Deutschland auf einen Schlag Wärmeplanungen in Auftrag geben, um diese bis Mitte 2028 fertigzustellen, wird das die Planungskapazitäten in diesem Land überfordern und die Preise für diese Leistung in schwindelerregende Höhen treiben. Wir fordern daher eine Streckung der Planungsfristen unter besonderer Berücksichtigung der Städte und Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern, einen vollständigen Kostenausgleich für die Übertragung dieser neuen Aufgabe und eine zentral bereitgestellte Datengrundlage vom Land zur Erleichterung bei der Bestandsanalyse.“
Der vdw Sachsen Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V. war am 22. September Teil des Spitzentreffens der sächsischen Bau- und Wohnungswirtschaft beim Sächsisches Staatsministerium für Regionalentwicklung und Staatsminister für Regionalentwicklung Thomas Schmidt. Es fand gezielt im Vorfeld des sogenannten Wohnungsbaugipfels beim Bund am 25. September statt. Ergebnis ist eine “Dresdner Erklärung” mit einem Forderungskatalog an den Bund. Der durch die Dresdner Erklärung artikulierte breite Konsens zwischen der sächsischen Bau- und Wohnungswirtschaft und den ihnen verbundenen Institutionen ist ein starkes Signal und sollte auch bei der Bundesregierung ankommen und gehört werden!
Mit den Vorschlägen soll dem dramatischen Einbruch beim Wohnungsbau begegnet werden. Sie sind darüber hinaus auch darauf gerichtet, eine drohende finanzielle Schieflage bei Wohnungs- und Immobilienunternehmen abzuwenden, die mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) zu erheblichen Investitionen gezwungen werden, die sie aber nicht sozialverträglich refinanzieren können.
Die “Dresdner Erklärung” als Download
Am Dienstag, 12. September, hatten wir Bundesbauministerin Klara Geywitz in Meißen zu einem Gespräch zu Gast. Wir, das sind die bei unserem Bundesverband GdW organisierten mitteldeutschen Wohnungsverbände VSWG, vdw Sachsen, VdWg, VdW Sachsen-Anhalt und vtw Thüringen. Bei dem bewusst ohne Presse und verbindliche Agenda angelegten Treffen wurden alle Probleme, Sorgen und Lösungsansätze diskutiert, welche die ostdeutsche und insbesondere mitteldeutsche Wohnungswirtschaft bewegen. Ob überambitionierte oder ineffiziente Vorgaben, zu hohe Sanierungs- und Baukosten, Leerstand, mangelnde Förderung und Beteiligung, überbordende Bürokratie und essenzielle Unterschiede sowohl zwischen Stadt und Land als auch Ost und West, nichts wurde in den anderthalb Stunden ausgelassen. Bei einigen dieser Punkte setzen wir nun auch auf konkrete Unterstützung und Verbesserungen. Wir danken daher Klara Geywitz für das aktive Zuhören, das aufrichtige Verständnis, die detaillierten Ausführungen und die offene und konstruktive Auseinandersetzung mit uns und den Belangen der mitteldeutschen Wohnungswirtschaft. Außerdem freuen uns über die zugesagte Fortsetzung der Gespräche in dieser Runde.
Brief mit Zusammenfassung des Gesprächs an Frau Geywitz zum Download
ZWISCHEN HEIZCHAOS, KLIMAZIELEN UND KOSTENEXPLOSION: KOMMUNALE WOHNUNGSUNTERNEHMEN IN SACHSEN WARNEN VOR GEFÄHRLICHER ZUSPITZUNG SOZIALER SPANNUNGEN UND EINEM SCHEITERN DER ENERGIE- UND WÄRMEWENDE
Ein Jahr vor der Landtagswahl sieht die kommunale Wohnungswirtschaft in Sachsen eine gefährliche Zuspitzung sozialer Spannungen aufgrund der Wohnungs- und Energiepolitik auf den Freistaat zukommen. „Viele unserer Mitgliedsunternehmen erleben vor Ort eine immer stärker werdende Polarisierung, die den sozialen Zusammenhalt in den Wohnquartieren zunehmend gefährdet“, erklärt Jürgen Scheible, Vorstandsmitglied des vdw Sachsen – Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V.
„Viele Menschen können vor allem die bundespolitischen Entscheidungen der Wohnungs- und Energiepolitik nicht mehr nachvollziehen, die mit dem hochumstrittenen Gebäudeenergiegesetz gerade einen neuen Tiefpunkt erreicht haben“, so Jürgen Scheible weiter. „Der problematische parlamentarische Prozess um das Gesetz birgt nicht nur die Gefahr, die Demokratie zu beschädigen, sondern untergräbt auch das Vertrauen der Wohnungswirtschaft in die Verlässlichkeit der Politik.“ Mit ihren langfristigen Investitionsentscheidungen und langen Planungsvorläufen ist die Wohnungswirtschaft wie kaum eine andere Branche auf Planungssicherheit angewiesen, die es seit Jahren nicht mehr gibt. „So können die kommunalen Wohnungsunternehmen kaum noch investieren. Das führt als Konsequenz dazu, dass sie ihrer sozialen Verantwortung bald nicht mehr voll gerecht werden können und erst recht nicht in der Lage sind, die Energie- und Wärmewende mitzugestalten.“
Wie die jetzt vorgesehenen Maßnahmen und das geplante Schrittmaß mit den extrem ambitionierten Klimaschutzzielen in Einklang gebracht werden sollen, ist weiterhin offen – ebenso die Frage der Bezahlbarkeit für Vermieter und Mieter. „Die jetzt vorgesehene Förderung wird wahrscheinlich zu entsprechenden Preissteigerungen bei den Anbietern führen und dadurch nur begrenzt Wirkung entfalten“, befürchtet vdw-Vorstand Jürgen Scheible, der zugleich auch Geschäftsführer der Städtischen Wohnungsgesellschaft Pirna mbH ist. „Die beschnittenen Umlagemöglichkeiten für die Wohnungswirtschaft machen verantwortungsvolle Investitionen in diesem Bereich nahezu unmöglich und sind vor dem Hintergrund fehlender Handwerker- und Materialkapazitäten regelrecht grotesk.“ Dass Wohnungsunternehmen und ihre Mieter von der angedachten Förderung nicht in gleichem Maße profitieren sollen wie Eigenheimbesitzer, schafft neue Probleme. Viele Unklarheiten der künftigen Fördersystematik dürften zudem für weitere Verunsicherung sorgen.
„Wenn die Energie- und Wärmewende nicht scheitern soll, braucht es jetzt dringend einen gut durchdachten und durchgerechneten Plan, der realistische Rahmenbedingungen für Investitionen schafft, auch die Kapazitäten der Netze angemessen berücksichtigt und von der Politik nachvollziehbar erklärt wird“, fordert Jürgen Scheible. Das schließe auch Nachbesserungen am Gebäudeenergiegesetz mit ein. „Nur wenn die Menschen in den Maßnahmen einen sinnvollen, langfristig gedachten Plan und Nutzen erkennen, wird man sie für die Energie- und Wärmewende gewinnen können.“
Dresden, 11. September 2023
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„Völlig falsches Signal“: Wohnungswirtschaft in Sachsen kritisiert zusätzliche Verteuerung des Heizens durch die Politik“
Während viele Mieterinnen und Mieter mit Sorge auf die Entwicklung der Energiepreise in der nächsten Heizperiode blicken, treibt die Bundesregierung die Heizkosten künstlich noch weiter in die Höhe. „Mit der Entscheidung, den CO2-Preis ab 2024 stärker anzuheben als bisher geplant, hat sich das Kabinett klar gegen bezahlbares Wohnen entschieden und setzt ein völlig falsches Signal“, so Alexander Müller, Verbandssprecher des vdw Sachsen – Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V.
Mit einem höheren CO2-Preis sollen zusätzliche Einnahmen für den Klima- und Transformationsfonds generiert werden, der zu großen Teilen vom Bundeswirtschaftsministerium unter Minister Robert Habeck verwaltet wird. „Beim Heizen sollen die Menschen also draufzahlen, damit umstrittene Ausgabenwünsche des Wirtschafts- und Klimaschutzministeriums an anderer Stelle finanziert werden können“, so Alexander Müller weiter. Was aus dem im Koalitionsvertrag versprochenen Klimageld wird, das als Ausgleich gezahlt werden sollte, bleibt indes unklar. „So schafft man weitere Verärgerung und Unsicherheit in der Bevölkerung und treibt die Kosten für das Wohnen weiter nach oben.“
Gerade kleinere und mittlere Einkommen spüren die starken Preissteigerungen im Bereich Energie gerade jetzt sehr stark. „Während vorübergehende Signale der Entspannung auf den Energiemärkten durch die Medien gehen, die nur eine Momentaufnahme sind, haben die Mieterinnen und Mieter ihre aktuellen Betriebskostenabrechnungen vor Augen“, so Alexander Müller weiter. „Die Kostensteigerungen aus dem vergangenen Jahr werden für viele erst jetzt richtig spürbar. Da kommt die Ankündigung, dass die Bundesregierung das Heizen weiter verteuert, zur absoluten Unzeit.“ Auch die Begründung, der höhere CO2-Preis animiere zum sparsamen Heizen und sei so ein Beitrag zum Klimaschutz, lässt er nicht gelten. „Einen stärkeren Anreiz zum Sparen als die extrem gestiegenen Energiepreise kann es nicht mehr geben, die Menschen sind vielerorts bereits am Limit.“
Der vdw Sachsen fordert, dass sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene keine Entscheidungen getroffen werden, die das Heizen in der kommenden Heizperiode für Mieterinnen und Mieter zusätzlich verteuern. „Statt für neue Verunsicherung zu sorgen, sollte bereits jetzt darüber informiert werden, wie es mit den staatlichen Energiepreisbremsen weiter gehen soll und wie das angekündigte Klimageld ausgestaltet und ausgezahlt werden soll“, so Alexander Müller. „Die Wohnungswirtschaft und auch die Mieterinnen und Mieter brauchen jetzt Verlässlichkeit.“
Die Pressemitteilung als PDF zum Download
Die neue Ausgabe unseres Verbandsmagazins “vdw Aktuell” 1.2023 ist erschienen und kann gedruckt wie auch digital angeschaut und gelesen werden. Wie immer sind spannende Themen aus dem Verbandsleben, der Politik und Wohnungswirtschaft enthalten.

Hier die vdw Aktuell 1.2023 herunterladen und lesen
Die mitteldeutschen Wohnungsverbände kritisieren die einseitige Ausrichtung der Bundespolitik auf den Neubau von 400.000 Wohnungen in Ballungsräumen mit angespannten Wohnungsmärkten auf das Schärfste. Ihr Appell richtet sich an die Bundesregierung, die Realität in Mitteldeutschland mit rund 1,2 Mio. Wohnungen und einem Leerstand von durchschnittlich 8 Prozent nicht zu verfehlen. Fokus und Förderung müssen hier auf den Bestand gerichtet werden, denn die ostdeutsche Wohnungswirtschaft bietet als wichtige Größe mehr als 2,3 Mio. Menschen ein sicheres und bezahlbares Zuhause. Das muss auch so bleiben können.
Hierzu nahmen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Leipzig die Vorstandsmitglieder und Verbandsdirektoren der fünf mitteldeutschen Spitzenverbände der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
- Jens Zillmann, Verband der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt e.V. (VdW),
- Ronald Meißner, Verband der Wohnungsgenossenschaften Sachsen-Anhalt e.V. (VdWg),
- Rainer Seifert, Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e.V. (vdw Sachsen),
- Frank Emrich, Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e.V. (vtw),
- Mirjam Philipp, Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V. (VSWG)
Stellung.
Aktuell stehen die mitteldeutschen Wohnungsunternehmen vor den größten Herausforderungen der letzten 30 Jahre: Die demografische Entwicklung führt, gepaart mit einer Abwanderung zu einer schrumpfenden Bevölkerung und damit auch zu vermehrt leerstehenden Wohnungen und fehlendem Eigenkapital für Vermieter. Somit fehlt letztendlich auch Geld für zukünftige Investitionen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Investitionen in den Bestand aufgrund stark steigender Baukosten und einem Mangel an Fachhandwerkern nur schwer zu stemmen sind. Dieses Szenario wird nun begleitet von einer fehlgeleiteten und weltfremden Fördermittelpolitik des Bundes, die in dieser Form angesichts der gewaltigen Herausforderungen für die mitteldeutsche Wohnungswirtschaft nahezu unbrauchbar ist.
Mit großer Sorge sehen die fünf mitteldeutschen Verbände, dass die Versorgungssicherheit und Preisstabilität bei der Haushaltsenergie durch die beschlossene Energiewende mit dem Ausstieg aus den fossilen Energieträgern, dem Abschalten der Atomkraftwerke und dem stark reglementierten Umgang mit Gas- und Ölheizungen ab 2024 überhaupt technisch realisierbar und vor allem auch für die Mieter bezahlbar bleiben. Hier wirkt zunächst die Deckelung der Energiepreise bis März 2024 durch die Bundesregierung stabilisierend. Perspektivisch wird die Betriebskostenspirale sich dann aber weiterdrehen. Ob und wie die notwendigen Investitionen der Energiewende in Wärmepumpen und Photovoltaik finanziert werden sollen, ist aktuell völlig offen. Dazu Rainer Seifert, Verbandsdirektor des vdw Sachsen: „Die Energiewende – allem voran die Wärmewende – ist das größte Investitionsprogramm seit der Wende. Wenn sie gelingen soll, braucht die Wohnungswirtschaft jetzt schnell Planungssicherheit, denn sonst kann sie keine Zukunftsinvestitionen in den notwendigen Dimensionen auf den Weg bringen. Nur mit einem klaren Bekenntnis der Politik zu Technologieoffenheit werden wir die Klimaschutzziele erreichen. Mieter und Vermieter müssen gemeinsam ein positives Transformationsklima entwickeln und dürfen politisch nicht gegeneinander ausgespielt werden. Es werden bei dieser Transformation alle Partner benötigt.“
Die aktuelle Statistik in allen drei mitteldeutschen Bundesländern zeigt, dass ein Rückgang der Bevölkerung bis 2035 von bis zu 17 Prozent insbesondere in den strukturschwachen Regionen und damit vorwiegend im ländlichen Raum zu erwarten ist. Dies führt neben dem aktuell schon hohen Leerstand in den Beständen zu einem weiteren Anstieg leerstehender Wohnungen, dem nur durch Rückbau einerseits und kluge Investitionen in zukunftsfähige Bestände andererseits begegnet werden kann.
Dies bedarf jedoch einer deutlichen Änderung der Fördermittelpolitik auf Bundes- und Landesebene. Die bisherigen Ankündigungen des Bundes zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse und einer Stärkung des ländlichen Raumes blieben bis dato alle ohne Ergebnis. Eine finanzielle Unterstützung der angekündigten Maßnahmen durch staatliche Zuschüsse fand und findet nicht statt. Jens Zillmann, Verbandsdirektor des VdW Sachsen-Anhalt fordert: „Die von der Bauministerkonferenz im April 2022 beschlossene Aufstockung der Städtebauförderung auf 1,5 Mrd. Euro ist vom Bund endlich auch umzusetzen und muss von den Ländern kofinanziert werden, um den Tatsachen gerecht zu werden.“
Bereits 2015 waren die mitteldeutschen Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften maßgeblich an der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen beteiligt. Der humanitären und gesellschaftlichen Verantwortung sind sie auch bei der Unterbringung von ukrainischen Flüchtlingen nachgekommen. So sind in Mitteldeutschland rund 21.000 ausgestattete Wohnungen zur Verfügung gestellt worden, um rund 41.600 ukrainische Kriegsflüchtlinge ein möbliertes, sicheres Zuhause zu geben. Ronald Meißner, Verbandsdirektor des VdWg Sachsen-Anhalt, erklärt: „In Wahrnehmung unserer sozialen Verantwortung haben die mitteldeutschen Wohnungsunternehmen unbürokratisch und sozial gehandelt. Da die eigenen Ressourcen vor allem hinsichtlich der Ausstattung der Wohnungen, nun aber erschöpft sind, ist der Bund in der Verpflichtung, finanzielle Mittel für eine weitere dezentrale Flüchtlingsunterbringung bereitzustellen und die Kommunen bei der notwendigen Integrationsarbeit zu unterstützen.“
Die Frage nach der Bezahlbarkeit des Wohnens steht in Zeiten explodierender Energiekosten und einer anhaltend hohen Inflation nicht nur bei den mitteldeutschen Wohnungsgenossenschaften an oberster Stelle. So zeigen zwar die statistischen Werte, dass das Wohnen reell günstiger geworden ist. Dies bedeutet aber nur, dass die Mieten der sozial orientierten Wohnungsunternehmen weniger schnell als die allgemeinen Lebenshaltungskosten steigen. „Wir stehen für bezahlbares Wohnen und sind gerade in Mitteldeutschland ein Anker für Verlässlichkeit und Stabilität in unsicheren Zeiten. Die organisierte Wohnungswirtschaft kann diesbezüglich als Garant aber nur so gut sein, wenn auch die politischen Rahmenbedingungen stimmen. Hier sehen wir eindeutig ein großes Optimierungspotenzial auf Bundesebene. Denn Neubau um jeden Preis bringt nichts. Bezahlbares Wohnen bedeutet auch, dem
Vermieter Luft zum Atmen lassen. Denn der Erhalt des bezahlbaren, attraktiven Wohnens kann nur funktionieren, wenn Geld für Investitionen in Instandhaltung und Modernisierung bleibt“, führt Mirjam Philipp, Vorstand des VSWG, aus. Vor allem auch in Hinblick auf die zweite Sanierungswelle, die der mitteldeutschen Wohnungswirtschaft nach über 30 Jahren nun wieder bevorsteht.
Für die überwiegende Zahl der Städte in Mitteldeutschland ist auch der von der Bundesregierung geförderte Neubau von jährlich 100.000 neuen Sozialwohnungen nicht zielführend und notwendig, da es genügend leerstehende Wohnungen zu sozialverträglichen Mieten in Mitteldeutschland gibt. Die energetische Sanierung und altersgerechte Modernisierung der vorhandenen Wohnungsbestände müssen daher im Mittelpunkt stehen. „Unser vorhandener Wohnungsbestand ist ein Garant für Sicherheit und Bezahlbarkeit. Für uns es ist damit gleichzeitig die größte Herausforderung, diesen – eine stabile Finanzierung vorgesetzt – an den Bedürfnissen der Mieter umzubauen und energetisch zu sanieren. Denn die Wärmewende wird im Bestand gewonnen“, so Frank Emrich, Verbandsdirektor des vtw Thüringen. Grundlagen hierfür sind verlässliche, planbare sowie auskömmliche Förderinstrumente mit Zuschüssen und langfristigen Zinsbindungen für Darlehen und eine Stabilisierung der Baukosten, um das bezahlbare Wohnen für die Mieter in Mitteldeutschland zu erhalten.
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Leipzig, 18. April 2023
Vom 7. bis 9. März waren wir drei Tage für unsere Regionalen Erfahrungsaustausche 2023 unterwegs. Waldheim, Weißwasser und Aue-Bad Schlema waren wunderbare Gastgeber, nicht zuletzt durch unsere ortsansässigen Mitgliedsunternehmen. Insgesamt folgten fast 90 Vertreter unserer Mitgliedsunternehmen und Fördermitglieder der Einladung und diskutierten mit uns die aktuellen Themen der Wohnungswirtschaft. Ob Preisbremsen, Energieaspekte, ERP-Systeme, Grundsteuer, Fördermöglichkeiten, Weiterbildung oder Datenschutz, die Agenda war lang und zeigt, mit welchen enormen Herausforderungen die Wohnungsunternehmen umgehen müssen. Da war dieser Austausch mit- und untereinander die passende Gelegenheit, Wege und Lösungen zu finden. Wir bedanken uns bei allen Teilnehmern für die konstruktive Beteiligung.
Mehr als 77 Millionen Euro (!) konnten aufgrund der aktuellen Lage nicht investiert werden – Auch Trend für 2023 beunruhigend – Förderkulisse entwickelt sich zum Hauptproblem
Die im vdw Sachsen organisierten Wohnungsunternehmen mussten im vergangenen Jahr in Rekordhöhe investive Bauvorhaben absagen oder verschieben. Das hat eine aktuelle Umfrage des Verbands unter seinen Mitgliedern ergeben. Die Gesamtsumme der gemeldeten Investitionsvorhaben, die storniert oder zurückgestellt werden mussten, betrug 77,49 Millionen Euro. „Diese Zahlen sind absolut alarmierend“, warnt Rainer Seifert, Verbandsdirektor des vdw Sachsen. „Wenn sich nicht schnellstmöglich etwas an den Rahmenbedingungen ändert, gerät das gute, sichere, bezahlbare und moderne Wohnen für alle Bevölkerungsschichten in Sachsen zunehmend unter die Räder.“
Dass die Ergebnisse für 2022 keine Momentaufnahme sind, zeigt ein Blick in die Zukunft: Für 2023 rechnen die befragten Wohnungsunternehmen – darunter viele kommunale Großvermieter in den sächsischen Städten und Gemeinden – mit einer Absage oder Verschiebung von Investitionen im Gesamtwert von 72,66 Millionen Euro. „Auch wenn diese Zahl etwas niedriger ist als die Bilanz für 2022, ist das keinesfalls ein Grund zur Entwarnung“, betont Verbandsdirektor Rainer Seifert. „Dass in diesen Dimensionen Investitionen in das Wohnen von morgen schlicht nicht stattfinden können, ist ein fatales Signal für Vermieter und Mieter.“
Bei den Gründen für die Stornierung oder Zurückstellung von Bauvorhaben rangierten 2022 die zu hohen Baukosten an vorderster Stelle: 88 Prozent der Wohnungsunternehmen, die geplante Investitionen nicht durchführen konnten, nannten diesen Grund. Bereits an zweiter Stelle stand eine fehlende oder mangelnde Förderkulisse (76 Prozent). Danach folgte auf Platz 3 die Entwicklung der Zinsen bzw. Kreditkosten (41 Prozent). Mehrfachnennungen waren möglich.
Mit Blick auf die Erhebung für 2023 zeigt sich jedoch bei den Gründen ein deutlich sichtbarer Umschwung: Größtes Problem in diesem Jahr ist die fehlende oder mangelnde Förderkulisse, die mit 83 Prozent am häufigsten genannt wurde. Danach folgen mit großem Abstand die zu hohen Baukosten (58 Prozent) und die Entwicklung der Zinsen bzw. Kreditkosten mit ebenfalls 58 Prozent.
„Die Förderungen, insbesondere für Sanierungen, sind nicht zielgenau, viel zu kompliziert und nicht ansatzweise ausreichend ausgestaltet, um den aktuellen Investitionsstau auflösen zu können“, so Rainer Seifert. „Sowohl Landes- als auch Bundespolitik müssen hier dringend nachsteuern, sonst droht langfristig ein schleichender Verfall der Wohnungsbestände. Vor allem aber kann die Energie- und Wärmewende nicht gelingen, wenn aufgrund katastrophaler Rahmenbedingungen nicht betriebswirtschaftlich sinnvoll investiert werden kann. Vor diesem Hintergrund gehören auch stark preistreibende Auflagen für das Bauen dringend auf den Prüfstand, denn sie verhindern Investitionen. Zudem braucht es gezielte Zinssubventionen für Bautätigkeiten. Diese haben sich als Instrument bereits in der Vergangenheit bewährt.“
Wohnungswirtschaft in Sachsen fordert Neuausrichtung der KfW-Förderung und intelligentere Steuerung der Zuwanderung
Nach dem Chaos um die KfW-Förderung für Sanierungen und Neubau in diesem Jahr fordert der vdw Sachsen eine schnelle und langfristig verlässliche Neuausrichtung der Förderung. „Dabei muss endlich Schluss sein mit der einseitigen Fokussierung auf Neubau in den Metropolen“, so Verbandsdirektor Rainer Seifert. „Eine Fortsetzung dieser Politik wäre eine klare Absage an den ländlichen Raum.“ Zugleich müsse der Fokus stärker auf eine intelligente Steuerung der Einwanderung gelenkt werden: „Statt über Fragen der Einbürgerung zu diskutieren, sollte die Politik zunächst einmal darauf hinwirken, dass die Zuwanderung nicht nur in die Metropolen erfolgt. Das würde sowohl den Großstädten als auch dem ländlichen Raum helfen.“
Die Unsicherheit rund um die künftige Förderung hatte in der sächsischen Wohnungswirtschaft zuletzt reihenweise zu Absagen von geplanten Investitionen geführt. „Neubau ist auf absehbare Zeit tot“, prognostiziert Rainer Seifert. „Unter den aktuellen Rahmenbedingungen ist das Ziel der Bundesbauministerin, 400.000 neue Wohnungen im Jahr zu schaffen, nicht mal im Ansatz realisierbar.“ Ohnehin sei das der völlig falsche Ansatz: „Stattdessen muss der ländliche Raum gestärkt werden. Hier steht genügend modern sanierter Wohnraum zur Verfügung, um die Metropolregionen zu entlasten. Wenn nicht endlich umgedacht wird, verschärfen sich die Probleme in den Großstädten weiter, während andernorts ganze Landstriche veröden.“ Bis 2035 sagen aktuelle Prognosen zahlreichen Städten und Gemeinden in strukturschwachen Regionen einen Bevölkerungsrückgang von mehr als 20 Prozent voraus. Schon jetzt herrscht in diesen Orten ein hoher Leerstand. „Die verfehlte Politik für Metropolen lässt ländliche Räume aussterben.“
Um ein weiteres Auseinanderdriften zwischen Stadt und Land zu verhindern, brauche es auch eine bessere Steuerung der Einwanderung. „Wir brauchen Einwanderung, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, der inzwischen mancherorts sogar schon zu einem generellen Arbeitskräftemangel wird“, so Rainer Seifert. „Es steht auch außer Frage, dass wir Geflüchteten aus Kriegsgebieten helfen müssen. Dabei braucht es aber dringend intelligentere Steuerungsmechanismen. Bei der Förderung muss der ländliche Raum künftig Vorrang haben. Anreize, neue Jobs zu schaffen, müssen vorrangig im ländlichen Raum gesetzt werden. Geflüchteten – vor allem aus der Ukraine – muss deutlicher als bisher erklärt werden, dass sie in ländlichen Regionen qualitativ gleichwertigen Wohnraum finden wie in den Großstädten. Das ist vielen schlicht nicht bewusst.“
Die angekündigte Neuaufstellung der KfW-Förderung für Neubau und Sanierungen muss schnellstmöglich kommen und diese Schwerpunktsetzung berücksichtigen. „Wenn wir die Großstädte zu Tode verdichten, während der ländliche Raum ausstirbt, ist niemandem geholfen“, so Rainer Seifert. „Statt 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr in den Metropolen bauen zu wollen, sollten wir 400.000 Menschen pro Jahr dabei unterstützen, nicht in der Großstadt, sondern im ländichen Raum ein neues Zuhause zu finden. Dort, wo die Wohnungen schon da sind und nicht für teures Geld gebaut werden müssen.“
Zum inzwischen 3. Energiegipfel der Sächsischen Staatsregierung hat am 7. November 2022 Ministerpräsident Michael Kretschmer Vertreter der sächsischen Wirtschaft, Energieversorger, Kommunen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände, die Verbraucherschutzzentrale und die Wohnungswirtschaft eingeladen. In einer konstruktiven Gesprächsrunde, an der auch Verbandsdirektor Rainer Seifert teilgenommen hat, wurden Vorschläge und Maßnahmen für die Entlastung der Unternehmen und Einzelpersonen abgestimmt. Ein wichtiger Schritt bei den aktuellen Herausforderungen der Energiekrise. Jetzt gilt es allerdings diese Entlastungsmöglichkeiten auch für die Wohnungswirtschaft umsetzbar zu gestalten. Denn egal ob zinslose Darlehen oder die Erstattung der #Betriebskosten im Dezember – es muss für die Unternehmen in der Praxis realisierbar sein, um das Wohnen auch in Zukunft weiterhin sozial und bezahlbar gestalten zu können.
Mit einer Gasumlage von 8 ct/kWh können wir Strom wieder preiswert herstellen – Ohne komplizierte Ausweichlösungen wie Subventionen oder Übergewinnsteuern und ohne enormen Verwaltungsaufwand.
So können wir Verbraucher wie Unternehmen entlasten und gleichzeitig die Energiewende weiter angehen.
Wie das möglich ist, das erklärt unser Verbandsdirektor Rainer Seifert anschaulich in diesem kurzen Video:
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